... im Kulturforum Bratislava
2005
Sabine Müller-Funks Perzeption von Gedächtnis als Paradox (Speicherglas – „Paradox eines unlesbaren Archivs”) – die Unlesbarkeit dessen, was in den kulturellen Erbgang einer Gesellschaft eingebracht werden soll – verweist darauf, dass der Gedächtnis-Metapher des Palimpsests das Potential der Subversion innewohnt – nämlich der grundsätzlichen Infragestellung des Modells der Gedächtnisorte.
Während im Zusammenhang mit Gedächtnisorten von Fixpunkten, Kristallisationen, Kanon und Inventar die Rede ist, eröffnet die Denkfigur des Palimpsests ein semantisches Feld, das sich gegenläufig zum triumphalen Subtext der Gedächtnisorte, der Herstellung von Eindeutigkeit, verhält, das auf eine die Verflüssigung der auskristallisierten Gedächtnisorte bezogen werden kann. Es sind weiche Begriffe wie Überschreiben, Überblenden, Überlagern, die Vorstellungen von Schichtungen, Sedimentierungen von sozialem Sinn, von den Spuren des Abgelagerten, Überschriebenen, die sich subkutan in die Deutungsmuster des lebendigen Funktionsgedächtnisses einschreiben.
Heidmarie Uhl
2005